Ist „nichts tun“ was Schlechtes?
Und können wir überhaupt „nichts tun“?
von Heike Wycisk
Wie oft erwischen wir uns dabei, dass wir denken, "...ich muss etwas tun...“.
Schon das Wort müssen ist ein Wort, was scheinbar keine Wahl zulässt. Was uns „unter Druck“ setzt und zwanghaft ist. Wenn wir das Wort „müssen“ durch ein anderes ersetzen oder diese Aussage umformulieren, klingt es schon ganz anders. „Ich kann etwas tun“. Klingt doch danach, dass wir eine Wahl haben. Wir können etwas tun und wir können es auch lassen. Wir haben immer eine Wahl. Schon in der Wahl der Gedanken. Und der Worte, die wir wählen. Und was wir tun.
"Nichts tun"...was ist das genau?
Und wir können uns auch anschauen, ob wir überhaupt „nichts tun“ können. Ob das überhaupt möglich ist. Also, stellen wir uns mal vor, wir sitzen auf einem Stuhl. Also wir sitzen.
Ist das „nichts tun“? Ist sitzen „nichts tun“?
Ist es nicht auch eine Tätigkeit, wie laufen, stehen, gehen, liegen, rutschen, krabbeln etc.? Und was ist, wenn wir sitzen? Dann sitzen wir.
Und wir atmen. Sogar ohne zutun. Und wenn wir atmen, ohne gesteuert besonders tief oder flach zu atmen, dann tun wir auch etwas.
Wir können auch unseren Atem beobachten. Ist beobachten „nichts tun“? Es ist eine Tätigkeit ohne Bewegung der Arme und Beine.
Aber was ist dann aktiv?
Die Augen. Die bewegen sich und empfangen Bilder.
Und die Ohren. Die nehmen die Töne auf.
Mein Gehirn. Es sammelt die Eindrücke, Reize, Wahrnehmungen und verarbeitet diese.
Wenn also jemand da sitzt und wir behaupten „der tut ja nix“, dann können wir extrem auf dem Holzweg sein.
Und was ist, wenn wir daliegen und träumen?
Dann liegen wir.
Und wir spüren. Den Boden auf dem wir liegen. Wir spüren, dass der Boden hart, weich, nass, rau, steinig, matschig, warm, kalt oder weiss der Kuckuck was ist.
Ggf. riechen wir auch oder wir schmecken.
Oder wir hören.
Wir können aber nicht sagen, ob der andere gerade hört, riecht, schmeckt oder spürt, denn wir wissen es nicht. Daher ist es also nicht richtig, wenn wir sagen „der tut nichts“.
Wir können sagen, dass wir jemanden sehen, der auf dem Boden liegt. Mehr nicht. Alles andere ist unsere Bewertung oder Vermutung.
Und träumen? Ist das nix tun? Wir versetzen uns in eine andere Welt, in einen anderen Augenblick.
Das kann gut tun, wenn wir uns etwas Schönes „austräumen“ und das kann auch nicht so gut tun, wenn wir uns einen schlechten Traum „ausdenken“.
Wenn wir nicht denken, sind wir dann nichts? Geht das überhaupt? Nicht denken? Statt denken können wir spüren, beobachten, riechen, schmecken, fühlen.
Aber wie lange schaffen wir es keinen Gedanken zu denken?
Und wie fühlt es sich an, wenn wir sagen „ich muss doch was tun!“? Und ist es wirklich wahr, dass wir etwas tun müssen? Tun wir nicht bereits etwas? Wir können schauen, ob wir gerade liegen, hören, denken, träumen, riechen, spüren.... Was auch immer. Dann tun wir auch etwas...uns wahrnehmen!
Und glauben wir wirklich, dass es beim „nichts tun“, kein „Ergebnis“ gibt?
Das Ergebnis kann sein, dass wir durch das Riechen eine Blume erkennen und benennen können.
Oder durch das Spüren merken, dass es kalt am Hintern ist und wir uns ein Kissen unter den Hintern packen sollten. Das ist gut, dann bekommen wir keine Blasenentzündung ;-).
Oder durch beobachten merken wir vielleicht, dass die Wolken sich verziehen und die Sonne hervorkommt. Dann freuen wir uns.
Oder durch beobachten lernen wir, wie das z.B. mit dem Kitesurfen geht.
Und was sagt die Neurobiologie dazu?
Und aus (neuro)biologischer, physiologischer Sicht ist dieses „nichts tun“ - spüren, beobachten, riechen, schmecken, fühlen - auch wichtig, denn der Körper braucht Pausen, um sich regenerieren zu können. Dauerstress ist kontraproduktiv, denn dadurch wird das Immunsystem unterdrückt und kann nicht arbeiten, weil der Körper auf „Alarmmodus“ läuft. Also kann das Ergebnis von „nichts tun“ auch Gesundheit sein.
Wenn das mal kein gutes Ergebnis ist! ;-)
In diesem Sinne: Viel Spass beim „Nichts tun“!
War das jetzt nichts?! ;-)
SURF YOUR BRAIN!
Bildtitel: Nichts tun...
Fotos: Heike Wycisk