Lob tut gut? Wirklich? Brauchen wir das überhaupt?
... geht es wirklich um das Lob? Und was das mit unserem Gehirn zu tun hat.
von Heike Wycisk
Wir haben spätestens in der Schule, wenn nicht schon im Kindergarten oder auch zuhause in der Familie gelernt: wenn wir etwas tun, was einem Dritten gefällt, gibt es ein Lob.
Dann macht sich Zufriedenheit breit. Auch wenn wir erWachsen und aus den Kinderschuhen rausgehüpft sind. Hmmmmh, mehr davon :-)
- Aber ist dieses Lob wirklich wichtig?
- Geht es wirklich um das Lob?
- Geht es wirklich um die Anerkennung einer Leistung oder einer Verhaltensweise?
Inzwischen ist bekannt, dass es nicht hilfreich ist, wenn wir Kinder (zu viel) loben. Denn Kinder tuen alles, um ihren Eltern oder Bezugspersonen zu gefallen – um geliebt zu werden. Wer will das nicht ;-) Wenn zu viel gelobt wird, können wir Menschen aber nicht für uns herausfinden, was uns wirklich gefällt. Das geht natürlich auch nicht, wenn wir getadelt werden.
Wenn Kinder sich ausprobieren dürfen, besteht natürlich die Gefahr, dass die Eltern enttäuscht sind, wenn sie etwas anderes lieber tun als das von ihnen angedachte ;-) Dann ist es aber wohl eher ein Thema der Eltern ;-)
Aber das betrifft natürlich auch andere Beziehungen – Freundschaften, Partnerschaften, Arbeitsverhältnisse....
Lob und Tadel....
Was passiert eigentlich im Gehirn, wenn wir gelobt werden?
Wenn jemand uns lobt, werden Botenstoffe ausgeschüttet. Und das hat Auswirkungen auf unseren Körper. Und das fühlt sich in unserem Körper soooo gut an. Wie ein Rausch! Applaus, Applaus! Dann wollen wir mehr davon.
Einerseits gut, andererseits gefährlich. Schnell kann es dann darin enden, dass wir nur noch etwas tun, um ein Lob zu bekommen. In welcher Form auch immer. Applaus. Sternchen oder Bienchen ;-) Facebook-Daumen. Medaillen für Siege. Geld (für gute Noten oder für unsere Arbeit). Auszeichnungen. Ein sehr zweischneidiges Schwert!
Denn wenn es ausbleibt, sind wir gefrustet. Wir fühlen uns wertlos.
Und wir machen dann womöglich einen auf bockig. Pöööh! Dann mache ich eben nix mehr! Wenn ich es nicht mehr bekomme, dann lass ich es eben!
Oder wir geben richtig Gas und ackern wir die Verrückten, damit wir endlich wieder Lob und diese schönen Gefühle bekommen.
Ein anstrengendes Spiel! Puuuh! Das laugt aus!
Damit tuen wir uns natürlich keinen Gefallen! Und den anderen auch nicht ;-)
Wenn es so weit gekommen sein sollte, können wir aber genauer hinschauen. Und schnips, das Gehirn anschalten!
Denn die Frage ist doch eher:
- Hat uns dieses Tun Spaß gemacht und wir haben nur irgendwann den Focus zu sehr auf das Lob, was geliefert werden soll, gerichtet?
- Würden wir das, was wir gerade machen auch tun, wenn es keinem gefällt?
- Oder tun wir es nur, um ein Lob zu bekommen?
Manchmal ist diese Frage gar nicht so einfach zu beantworten. Denn wir sind ja mit diesem bekannten Muster – Lob und Tadel – aufgewachsen und haben es auch gelebt. Es ist ganz schleichend, dieser Prozess....
Was spielt noch eine Rolle?
Wir sind soziale Wesen und keine Roboter ;-) Selbst Roboter brauchen etwas Aufmerksamkeit und Reparatur, wenn sie nicht mehr funktionieren ;-)
Aber wir sind ja keine Roboter. Wir wollen dazugehören. Wozu auch immer! Wir wünschen uns Gleichgesinnte. Oder Menschen, die uns verstehen.
Dann tuen wir oft Dinge, nur um anderen zu gefallen. Und merken das noch nicht einmal. Und irgendwann kommt das Erwachen. Wenn wir Glück haben! Denn dann können wir nochmal näher hinschauen...
Was nun?
Wie schnell sagen wir: „Hast Du super gemacht!“
Seien wir ehrlich! Ist das wirklich immer so? Gibt es nicht auch Aspekte, die uns nicht gefallen? Sagen wir vielleicht manchmal zu vorschnell im Vorbeilaufen „Super!“ ohne genauer hinzusehen?
Ein pauschales Lob schmeckt doch oft auch etwas schal, oder? Wir nehmen das nicht so richtig ab!
Wenn wir gerade etwas Neues lernen, kann ja nicht alles super sein. Und wir wollen ja auch lernen. Das liegt in der Natur des Menschen!
Was können wir also tun?
Wir können ein Feedback geben, allerdings nur, wenn es gewünscht ist. Das ist OK.
Aber nicht in Form eines pauschalen Lobes.
Was gefällt uns konkret? Und wenn uns etwas nicht gefällt, dann können wir auch ehrlich sein und sagen, dass es uns nicht oder nur zum Teil gefällt (das heißt ja nicht, dass es anderen nicht gefällt ;-). Allerdings nur wenn wir gefragt wurden! Hilfreich ist es auch noch, wenn wir sagen können, warum es uns gefällt oder auch nicht. Sachlich und konkret.
Oder einfach auch mal gar nichts sagen, wenn es nicht gefragt ist. Das ist für alle hilfreicher ;-).
Denn es gibt viele Sichtweisen. Wenn wir viele Menschen fragen, bekommen wir viele Antworten.
Jeder Mensch braucht eine Möglichkeit, seine eigenen Erfahrungen zu machen. Und auch den Raum, etwas zu tun, auch wenn es dem anderen nicht gefällt.
Natürlich immer unter dem Aspekt, dass etwas gemacht wird, was keinem anderen schadet ;-)
Brauchen wir wirklich Lob?
Wir Menschen glauben ja auch tatsächlich noch, dass wir Lob brauchen. Das wir Lob verteilen müssen. Für die Motivation!
Aber sind wir nicht „automatisch“ motiviert, wenn wir aus der Freude heraus etwas tun? Bei ganz kleinen Kinder können wir das noch gut beobachten. Die warten nicht auf ein Lob. Die tun einfach...
Worum geht es wirklich, wenn wir auf ein Lob warten?
Vielleicht geht es um (An)Erkennung. Um, gesehen werden. Um, wahrgenommen werden. Um geliebt werden. Allerdings nicht, weil wir uns auf eine bestimmte Art und Weise verhalten oder etwas tun. Sondern einfach, weil wir da sind. So wie wir gerade sind. Egal ob gut oder schlecht drauf.
Was können wir tun?
- Einfach mal ohne Grund sagen „Es ist schön, dass Du da bist!“, wenn wir das so empfinden. Ganz egal was oder ob er/sie gerade etwas tut.
- Einfach nur den anderen oder uns wahrnehmen. Ganz egal was oder ob er/sie gerade etwas tut. Durch zuhören. Durch anlächeln. Ganz grundlos J
- Und wir können uns fragen, was wir wirklich gerne tun! Wo wir in unserem Element sind. Wenn wir dem nachgehen, werden auch Botenstoffe im Gehirn ausgeschüttet und ganz tief aus uns heraus entsteht eine ZuFriedenheit und wir fühlen uns goldfischwohl ;-)
- Dann sind wir nämlich nicht auf das Lob von anderen angewiesen ;-)
Aber wie bei allem: Auch das will erkannt, gelernt und erfahren sein ;-)
SURF YOUR BRAIN!
Bildtitel: Im Fisch-Element sein...
Zeichnung: Heike Wycisk