Nun gib Dir mal richtig Mühe!

Was bewirkt dieser Satz in Deinem Körper und Deinem Gehirn?

von Heike Wycisk

Kennst Du diesen Satz? Mit Sicherheit!

Wir kennen diese Worte alle ....zum Beispiel aus der Kindheit. 

Als Kinder sollten wir irgendeine Aufgabe erledigen und hatten aber überhaupt keine Lust drauf. Oder fanden die Aufgabe total kompliziert und schwer. Zum Beispiel eine Hausaufgabe für die Schule. Wir haben uns trotzdem drangesetzt, weil die Hausaufgaben erledigt werden sollten. Aber die Aufgaben konnten nicht gelöst werden. Wir haben uns den Kopf zerbrochen, angestrengt nachgedacht und uns die Haare gerauft. Und nichts wollte klappen.

Und dann kommt zu all dem Übel und der Anstrengung auch noch der Satz: „Nun gibt Dir endlich mal Mühe!“

Puuuh! Zu der Unlust und der Anstrengung kommt jetzt auch noch die Aufforderung besser zu sein als wir derzeit sind. Wir tun etwas auf das wir keine Lust haben und zudem nicht klappt. Und dann bekommen wir auch noch bestätigt, dass wir gerade so wie wir sind, nicht OK sind. In dem was wir tun und wie wir es tun. Wir geben uns zu wenig Mühe. Dabei ist die Anstrengung schon groß!

Die Grundaussage dieses Satzes ist also: Das ist nicht gut genug! Das ist zu wenig! Werde besser!

Es kommen hier gleich mehrere Aspekte zusammen.

  • Die Unlust etwas zu tun, was wir gerade gar nicht tun wollen. Die Aktivität ist also nicht unsere Entscheidung.
  • Wir würden lieber etwas anderes machen. Sind also in Gedanken nicht bei der Sache und innerlich im Widerstand.
  • Wir strengen uns an und sind total auf der körperlichen Ebene angespannt.
  • Unser Verhalten bzw. Tun wird kritisiert und bewertet. So wie wir es machen, ist es nicht genug oder nicht gut genug.

Dieser Satz "Gib Dir Mühe!" sitzt so tief und ist so gut gespeichert, dass wir uns dann später oft auch selber diesen Rüffel geben. Wenn etwas nicht klappt, glauben wir, dass wir uns nicht genug Mühe gegeben haben. Dann reißen wir uns zusammen. Zusammenreißen klingt schon nicht gerade nach Leichtigkeit. Grmmmpf!

 

Was passiert in unserem Körper?

Wenn wir uns zusammenreißen, dann spannen sich die Muskeln an, wir ziehen die Schultern hoch und die Atemfrequenz verändert sich. Wenn wir den Satz "Gib Dir Mühe!" hören, schalten wir auf bockig.

Tja, und das knipst die innerlichen Alarmleuchten ein und die Sirene tönt, das Gefahr im Verzug ist. Denn es ist Stress, wenn wir etwas tun müssen oder wir bzw. unser Verhalten kritisiert werden. Es tritt eine körperliche Stresssituation ein. Und die spüren wir. Es fühlt sich unangenehm an. Wir stecken in einer Situation, in der wir scheinbar keine Entscheidungsmöglichkeit haben und in der wir als nicht Ok bewertet werden. Es herrscht Zwang und es droht soziale Ausgrenzung durch Abwertung! So kann es jedenfalls empfunden werden.

Die Muskeln verkrampfen sich und der Atem verändert sich, damit der Körper auf den Kampf mit dem vermeidlichen Feind vorbereitet wird.

Tja, unter so einer krampfhaften Situation läuft natürlich nichts leicht und locker von der Hand. 


Was können wir tun?

Wen wir die Person sind, die zu hören bekommt, dass wir uns Mühe geben soll, dann können wir erstmal langsam tief ein- und ausatmen. Denn so führen wir dem Körper Sauerstoff zu. Und mit einer langsamen Atmung signalisieren wir unserem Körper, dass eine entspannte Situation vorliegt. Dann können sich die Muskeln wieder entspannen. Und wir signalisieren unserem Gehirn, dass alles in Ordnung ist und keine Gefahr droht. Von dort wird die Nachricht dann in den Körper weitergegeben. Die Alarmleuchten werden ausgeknipst und der Körper kann wieder in den "Normalmodus" schalten. 

Wenn wir die Person sind, die „Nun gibt dir mal Mühe!“ sagt, dann müssen wir uns im Klaren sein, dass wir den Empfänger mit dieser Aussage ggf. unter Druck setzen. Wenn wir uns wünschen, dass die Aufgabe erledigt wird, dann ist es für alle Beteiligten leichter, wenn wir die Formulierung so wählen, dass der Empfänger eine Wahl hat, z.B. „Bring bitte den Müll runter, jetzt oder nach dem Essen.“ Wenn wir eine Wahlmöglichkeit lassen, ist der Zwang und damit der Stress entschärft.

Wenn wir die Person sind, die sich Mühe geben soll und bei der es nicht klappt, dann können wir eine Lockerungsübung machen bei der der Atem wieder frei fließen kann...eine Runde mit einem Freund kabbeln, eine Runde um den Block rennen, ein bisschen singen, ein paar Herzen und Smileys auf ein Blatt Papier kritzeln, einfach ein bisschen ausschütteln. Was auch immer gerade entspannend wirkt.

Wenn wir uns selber sagen, dass wir uns mehr Mühe geben sollen und uns richtig tüchtig anstrengen müssen, dann ist es gut zu wissen, dass wir unseren Körper damit selber unter Stress setzen. Dann können wir ein paar Mal kräftig ausatmen, unseren Körper lockern und einfach mal einen Moment innehalten. Und wenn wir wieder gelockert sind, können wir ohne Anstrengung wieder an die Sache gehen. Vielleicht lassen wir die Aufgabe auch erstmal links liegen, weil der Moment vielleicht nicht der richtige ist. Denn in der Regel dreht sich die Welt auch weiter. Ob wir es nun tun oder lassen. 

 

Fazit? Was lernen wir daraus?

Hör auf, Dir Mühe zu geben!

Es heißt nicht ohne Grund „mühelos“. Und das bedeutet ohne Mühe, ohne Anstrengung, ohne Aufwand.

Wenn wir in diesem „Mühelos-Modus“ sind, wird uns alles gelingen. Denn dann ist unser Körper und unser Geist „frei“. Und nur wenn wir frei sind, können wir uns entfalten.

Lass es einfach mühelos fließen :-)

 

Abbildung: Müheloser Flow
Illustration: Heike Wycisk

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