Unser Gehirn....Die grosse Sorgenfabrik
Wohin mit dem schädlichen Massenprodukt Sorgen? Wie kann eine fachgerechte EntSorgung erfolgen?
von Heike Wycisk
Unser Gehirn ist quasi Massenproduzent von Sorgen. Je älter wie werden, desto mehr wird produziert. Quasi in Akkordarbeit! Eltern machen sich um ihre Kinder Sorgen. Und wenn die Eltern älter werden, dreht sich der Spieß um. Dann machen sich die Kinder um ihre Eltern Sorgen. Jugendliche machen sich Sorgen um ihre Schulnoten und Angestellte um ihren Arbeitsplatz. Selbständige machen sich um das Bestehen der Firma Sorgen. Bauern um ihre Ernte. Fischer um ihren Fang. Sportler um ihre Fitness. Rentner um ihre Gesundheit ....Naja, die Liste lässt sich endlos weiter führen.
Und wir Menschen sind ja zudem noch so sensationslüstern. Unsere Ohren und Augen halten immer Ausschau nach der nächsten Katastrophe. Wäre ja sonst auch langweilig, gell?! Die Medien wissen das natürlich und bedienen diese Lust tagtäglich. Die Umsatzzahlen sollen ja stimmen! Allerdings stimmt es dann bei uns nicht mehr! Je mehr schlechte Nachrichten verspeist werden, desto mehr Mistsorgen entstehen. Logisch!
Sorgen rund um den Erdball
Und es ist egal, wo wir hinschauen, auf dem ganzen Erdball sind Sorgen zu finden. Nicht sofort mit dem bloßen Auge. Aber wenn man sich mit den Menschen unterhält oder die entsprechenden Fragen stellt, dann muss keiner lange überlegen. Sorgen können schnell produziert werden. Und wenn der eine anfängt, zieht der andere nach. Wer hat mehr zu bieten? Natürlich fängt man dann schnell an zu vergleichen. Dann kommen wir ggf. zu dem Schluss, dass es dem anderen doch viel besser geht, da er unseres Erachtens nicht so große Sorgen und Probleme hat wie wir. Oder wir denken, dass wir es doch vergleichsweise gut haben. Das wäre dann der "Best Case" ;-)
Was können wir nun tun - mit der Riesencharge an toxischen Sorgen?
Längst wissen wir, dass zu viele Sorgen auf Dauer krank machen können. Klar, der Körper ist im Daueralarmzustand und produziert ordentlich Stresshormone. Denn der Körper kann nicht erkennen, ob es nur "Hirngespinste" sind oder ob die Gefahr tatsächlich gleich um die Ecke kommt. Mit dem Alarmzustand ist er für den Ausnahmezustand, also den "Worst-Case", den wir in unserem Kopf kreieren, quasi gewappnet. Das ist aber auf Dauer kein gutes Feeling! Das wissen wir im Grunde genommen alle. Geschäftsleute wissen das, und bieten daher gern sogenannte "Rundumsorglos-Pakete" an ;-) Aber das ist ein anderes Thema ;-)
Also, wohin mit dem Mist, wenn er nun im Kopp ist? Schauen wir doch mal, was z.B. Menschen in anderen Ländern mit ihren Sorgen machen und welche EntSorgungs-Methoden es sonst noch gibt:
- Zum Beispiel Guatemala. Dort gibt es die Sorgenpüppchen. Einer Legende nach erzählen die Kinder am Abend vor dem Schlafengehen diesen Püppchen ihre Sorgen. Pro Püppchen eine Sorge. Dann werden die Püppchen in einem Säckchen unter das Kopfkissen gesteckt und dann wird geschlafen. Am nächsten Morgen sollen die Sorgen verschwunden sein, aber die Püppchen sind noch da.
- Und wem die Sorgenpüppchen nicht gefallen, kann die Sorgenfresser nehmen. Klingt vielleicht ein bisschen lässiger ;-) Und sehen auch so aus ;-) Hier könnt Ihr welche aussuchen: www.sorgenfresser.de Bei dieser EntSorgungs-Methode werden die Sorgen einzeln auf einen Zettel geschrieben und dem Sorgenfresser ins hungrige Maul gestopft.
- Oder Ihr schreibt Eure Sorgen auf ein Stück Esspapier und futtert das Sorgenpapier einfach auf. Schwups, sind die Sorgen weg, ohne Restmüll :-) Es gibt sogar Drucker mit Lebensmittelfarbe und Zuckerpapier. Dann braucht Ihr Eure Sorgen nur eintippen, ausdrucken und aufessen...oder aufessen lassen. Aber Achtung: Bei einer zu großen Menge kann gleich die nächste Sorge vor der Tür stehen: Die Sorge zu dick zu werden! Das Papier ist nämlich stark zuckerhaltig ;-)
- Natürlich können wir auch unseren Freunden, Familienmitgliedern oder Kollegen Sorgen erzählen. Aber eigentlich möchten wir ja eine schöne Zeit mit ihnen verbringen. Und nicht jede Sorge möchten wir in die Welt posaunen. Denn womöglich hält uns jemand für total verrückt. "Wie? Über so eine Nichtigkeit machst Du Dir Sorgen? Du spinnst!" Nicht ernst genommen zu werden ist nämlich auch nicht hilfreich, sondern verstärkt den Sorgengehalt nur. Vielleicht wissen wir auch, dass die Freunde selber genug Sorgen haben und möchten ihnen nicht auch noch unsere Sorgen aufladen.
- Für spezielle Sorgen gibt es auch immer noch die Sorgentelefone. Die werden wohl auch regelmäßig angerufen. Z.B. das Sorgentelefon für Schüler, wenn das Schuljahr um ist und die Zeugnisse verteilt werden. Dann haben einige Schüler Angst vor dem Ärger der Eltern zu Hause. Schlechte Noten hat wohl jeder mal gehabt und kennt dieses ungute Gefühl. Abgesehen davon, liebe Eltern und liebe Schüler/innen, viele erfolgreiche Menschen waren in der Schule sehr schlecht! Weder gute noch schlechte Noten sagen etwas über die Intelligenz eines Menschen aus. Das weiß nur noch nicht jeder ;-)
- Und manchmal sind die Sorgen so schlimm, dass Experten ran müssen, um den Sondermüll fachgerecht zu entfernen. Psychologen sind solche Experten. Sie haben schon vielen Menschen geholfen, diverse Arten an lebensbedrohlichen Sorgen auszusortieren und zu beseitigen.
Das sind nur ein paar EntSorgungsmöglichkeiten und es gibt sicher noch einige andere Methoden. Jeder darf also für seine Sorgen die passende "EntSorgungs"-Methode finden ;-)
Sorge ist also nicht gleich Sorge
Es gibt also unterschiedliche Sorgen. Quasi vom Giftgehalt her betrachtet. Manche sind vergleichsweise harmlos. Manche scheinen tödliche Wirkung zu haben. Das liegt allerdings im Auge des Sorgen-Besitzers. Und die Ursachen sind vielfältig und sehr unterschiedlich.
Also, erstmal sortieren. Das kann ein bisschen dauern. Da müssen wir manchmal genauer hinschauen. Dann können wir Sorgentrennung durchführen und dann fachgerecht EntSorgen :-)
Lebensphasenweise entsteht manchmal mehr Sorgenmüll und manchmal weniger. Völlig normal :-)
Wirkung garantiert? Was ist mit Langzeitwirkung?
Sorgenpüppchen?? Unsinn! Wie soll das gehen?! Wird der ein oder andere sagen ...und schmeißt sich lieber eine Schlaftablette oder Baldriantropfen (oder, oder...) ein, um besser schlafen zu können. Was passiert in diesem Fall mit den Sorgen? Sie sind am nächsten Morgen wieder da!
"Guten Morgen liebe Sorgen seid ihr auch schon wieder da? Habt ihr auch so gut geschlafen? Na, dann ist ja alles klar!..."
Tja, aus solchen Dramen entstehen dann Lieder ;-)
Warum also nicht mal die Guatemala-Strategie anwenden? Denn die ist nicht nur nebenwirkungsfrei. Diese Methode lässt die Sorgen auch einfach mal da sein. Denn sich die Sorgen zu verbieten, funktioniert definitiv nicht. Das wäre so, wie bei den Kindern, die die Hände vor die Augen nehmen und fest davon überzeugt sind: "Wenn ich Dich nicht sehe, kannst Du mich auch nicht sehen."
Vogel-Strauß-Strategie ist also nicht hilfreich. Kopp in den Sand stecken und die Sorgen ignorieren. Manchmal duplizieren wir die Sorgen damit nur. Ja, dann brauchen wir irgendwann einen riesigen Sack mit Püppchen ;-)
Und relativieren ist auch langfristig nicht wirksam. Also so zum Beispiel: "Ach die Anderen sind noch viel schlimmer dran!" Klar, schlimmer geht immer!
Also, lasst die Sorgen einfach mal da sein, erzählt sie den Püppchen und wartet ab, was passiert. Versuch macht klug, sag ich immer :-)
Und klar ist, Sorgen sind nicht für immer weg. Es wird immer neuer Sorgen-Müll in unser Denkfabrik entstehen. Denn mehr Erfahrungen und mehr Alter auf unserem Buckel lassen immer wieder neue Sorgen entstehen.
Das ist total normal :-)
Ausmisten!
Also, nicht zusammen reißen und runterdrücken, sondern ausmisten! Regelmäßig!
Das ist wie bei unserem Kleiderschrank. Regelmäßig ausmisten und dann quillt der Mülleimer in unserem runden Sorgenproduktionsorgan auch nicht über. Denn wenn wir die Sorgen aus dem Kopf gefegt haben, dann können wir uns wieder den alltäglichen und auch schönen Dingen widmen.
Dann ist einfach mehr Platz für die schönen Dinge.
Ehrlich!
VorSorgen!
Was hilft noch - neben Sorgen-Entsorgen? Vor-Sorgen! Also etwas vor den Sorgen tun ;-) Klar!
Einfach mal ein paar gute Nachrichten lesen, dann steht die Sorgenproduktion auch mal still ;-)
Hier ein paar Tipps: www.newslichter.de, www.gute-nachrichten.com, www.mutmacherei.org, www.ministeriumfuerglueck.de. Um nur einige zu nennen...
Oder einfach in die Natur gehen und sich ein paar schöne Dinge anschauen.
Oder etwas tun, was Spass macht. Tanzen, Kiten, Skaten, Malen, Häkeln, Spielen, Witze erzählen....
Oder, oder, oder....Euch wird schon etwas einfallen :-)
Ich wünsche allen einen sorgen-armen Tag....and don't forget: Surf Your Brain ;-)
Foto: Sorgenpüppchen
Bildtitel: EntSorgungsstelle
Illustration/Fotos: Heike Wycisk